Kein Platz für Covidioten

Kein Platz für Covidioten

Die letzten Monate im Ausnahmejahr 2020 waren für uns alle anstrengend, beunruhigend, zum Teil beängstigend. Schulen und Kitas geschlossen, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit und ein Virus, dass unbekannt und weltweit unterwegs ist.

Die Maßnahmen, die ergriffen wurden, sind für unsere Generation in Europa von bislang unbekanntem Ausmaß. Reiseverbote, Maskenpflicht und soziale Isolation waren notwendig, um die exponentielle Ausbreitung des Virus zu verhindern. In der Politik herrscht ein parteienübergreifender Konsens, dass das neue Virus bestmöglich bekämpft werden musste und muss. Bis heute sind Teile der Maßnahmen in Kraft.

Mit dem Erfolg der Maßnahmen und der geringeren Verbreitung von Corona wird auch kritisch über das weitere Vorgehen diskutiert. Die Forschung produziert regelmäßig neue Erkenntnisse, die Einschränkungen wurden regelmäßig (bislang) gelockert. Die große Mehrheit unserer Mitmenschen trägt dies trotz aller Widrigkeiten mit.

Leider gibt es immer mehr „Covidioten“. Einzelne Mitmenschen fühlen sich durch insbesondere die Maskenpflicht in ihrer persönlichen Freiheit stark eingeschränkt, finden, dass der Schaden für die Wirtschaft größer ist als der durch das Virus. Auch in Bremerhaven gab es in dieser Woche Diskussionen über die Berichterstattung im Lokalblatt „Laufpass“. Der Herausgeber Jescke veröffentlicht dort in den letzten Ausgaben verharmlosende Artikel zur Pandemie. Er fabuliert von einer massenhaften unseriösen Berichterstattung, sagt im März voraus, dass sich eh niemand ansteckt (aktuell kumuliert knapp 27 Millionen Infizierte weltweit), findet, dass der Lockdown keine Auswirkungen hatte (Deutschland hat im Vergleich zu den USA oder Brasilien so gut wie keine Infizierten mehr), bezeichnet ein Gesetz zur Impfpflicht als Ermächtigungsgesetz und verharmlost damit deutlich das historische Gesetz vom 1933. Im August fabuliert ein Autor unter Kosenamen von Millionen Menschen, die von Undemokraten in der Regierung in den Abgrund gestürzt wurden, von Mord und Totschlag an Mensch und Wirtschaft. Herr Jescke reagiert selber auf die Berichterstattung der Nordsee – Zeitung im September 2020: Er sieht sich als Kämpfer gegen „jeden“ Faschismus, fabuliert von der Angstkultur staatlicher Stellen und der Medien, sieht Bill Gates und die Bundesregierung als Teil einer Verschwörung mit der „Impfindustrie“.

Sergej Strelow, stellvertretender Vorsitzender des Stadtjugendrings, ist besorgt: „Die gemeinsamen Anstrengungen von Wirtschaft und Bevölkerung drohen durch die Verharmlosung des Virus, durch idiotische Demonstrant*innen die uns die Ungefährlichkeit des Virus beweisen wollen, in dem sie vorsätzlich einfachste Regeln missachten, ins Leere zu laufen. Unser Land, aber insbesondere auch Bremerhaven mit seinen vielen strukturellen Problemen, würden durch eine zweite Welle enorm geschädigt.

Was mich besorgt, ist, dass Rechtsradikale gemeinsam mit „besorgten Bürger*innen“ die Debatte für sich nutzen. Das Radikale mit der Reichsflagge den Sturm auf den Reichstag proben, sollte auch für die letzten Demonstrant*innen klarmachen, an wessen Seite er* oder sie* marschiert. Die Mischung aus Esoteriker*innen, Rechtspopulist*innen und -radikalen ist brandgefährlich. Wer als angeblicher Wissenschaftsjournalist die breite Debatte in den traditionellen und sozialen Medien über die Folgen, die Anpassung des Lockdowns, die Unterstützung von kleinen Unternehmen und Arbeitnehmer*innen übersieht, weiß ganz genau, wessen Anliegen er damit unterstützt.

Wir werden uns als junge Generation solidarisch zeigen mit den älteren Mitmenschen, die überproportional von Todesfällen und Langzeitfolgen durch das Coronavirus betroffen sind.

Jede*r Tote ist einer zu viel.“

Der Laufpass wird nun nicht mehr im Haus der Jugend ausliegen!

Stellungnahme_Laufpassartikel_Stadtjugendring.pdf (453 Downloads)
September 4, 2020